UEFA EURO 2024: Über „wirtschaftliche Belebung“, unüberschaubare Risiken, Ausstiegsoptionen und Gewinne-Abschöpfer
Dr. Gerd Brenner [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
[25.05.2017] Zitat: „Der Bekanntheitsgrad der Stadt Mönchengladbach in Europa und der Welt kann deutlich gesteigert werden und es gibt eine wirtschaftliche Belebung in der wachsenden Stadt MG+“ (Zitat Ende)
Mit diesen Erwartungen hat der Verwaltungsvorstand in der jüngsten Ratssitzung (24.05.2017) für Mönchengladbach als einen Standort der Fußball-Europameisterschaft 2024 geworben.
Was die Wirtschaftsbelebung anbetrifft, dürfte es sich dabei allerdings nur um ein Strohfeuer handeln.
Eine nachhaltig positive Auswirkung z.B. auf den Arbeitsmarkt kann dieser kurzfristige Event eher nicht haben.
Und dann gibt es da noch die andere Seite der Medaille: die völlig ungeklärten Finanzierungsfragen.
Angesichts der immer noch angespannten Haushaltssituation der Stadt verdienen solche Fragen eine hohe Aufmerksamkeit.
Eine durchaus wichtige Aussage zur Finanzierung steht in der Beschlussvorlage der Verwaltung: Es gebe „noch keine Grundlagen, die eine seriöse Kostenschätzung zulassen“, heißt es da unverblümt.
Dennoch sollte der Rat in seiner jüngsten Sitzung eine höchst finanzwirksame Grundsatzentscheidung für die WM treffen – so der zuständige Dezernent Dr. Fischer.
Aus dieser Grundsatzentscheidung kommt die Stadt aller Voraussicht nach gar nicht mehr heraus, auch wenn sie es wollte, weil es sich z.B. herausstellt, dass die Kosten für den städtischen Haushalt explodieren.
Die Frage, welche Ausstiegsoptionen es zu welchen Zeitpunkten gibt, wurde im Rat gestellt, blieb aber letztlich unbeantwortet.
Faktisch gibt es solche Ausstiegsoptionen auch gar nicht mehr, wenn Mönchengladbach vom Deutschen Fußballbund (DFB) ausgewählt worden ist und die Bewerbung des DFB erfolgreich sein wird.
Die Stadt muss dann alle Kröten schlucken, welche die UEFA nachher auftischt. In der Sprache der Verwaltung: „Ein Kosten- und Einnahmetableau wird sich schrittweise erst ab dem Zeitpunkt entwickeln lassen, zu dem die UEFA darüber entscheidet, welches Land Gastgeber der EURO 2014 sein darf“.
Die Verwaltung hat dem Rat also durchaus reinen Wein eingeschenkt und deutlich darauf hingewiesen, dass den Bewerberstädten zugemutet wird, eine Katze im Sack zu kaufen.
CDU, SPD und FDP haben sich mit diesem Problem im Rat jedoch gar nicht ernsthaft auseinandersetzen wollen und euphorisiert einem Grundsatzbeschluss für die EM zugestimmt.
Wie teuer ein solches Abenteuer werden kann, erleben wir gerade am Beispiel der Tour de France.
Die Erfahrungen mit einer Reihe von sportlichen Großereignissen der letzten Jahre gemahnen zu großer Wachsamkeit: Internationale Sportkonzerne wie die UEFA legen den Bewerbungsprozess so an, dass erkleckliche Gewinne der Tourniere für sie selbst von Anfang an gesichert sind.
Denn die allermeisten Risiken werden in der Bewerbungskette den nationalen und lokalen „Partnern“ aufgehalst. Der DFB seinerseits wählt dann ein ähnliches Verfahren der Gewinnsicherung (für sich) und Kostenabwälzung (auf andere).
Die Bewerberstädte können sich diesem Verfahren gar nicht entziehen – wenn sie sich grundsätzlich auf das Spiel einlassen.
Der DFB wird sicher nur diejenigen Städte in die nationale Bewerbung aufnehmen, die eine positive Grundsatzentscheidung für die EM getroffen haben – mit allen Kröten, die später noch zu schlucken sein werden und obwohl die dabei entstehenden Kosten noch gar nicht bezifferbar sind.
Das ist ein sehr schlaues Verfahren – für die UEFA und wohl auch für den DFB, aber keineswegs für die Kommunen.
In letzter Zeit gab es im Umfeld von sportlichen Großereignissen einen stark wachsenden Geschäftsrummel.
Aber in diesen Rummel wurden die lokalen Gewerbetreibenden kaum noch hineingelassen.
Den Gewinn schöpften die großen Sportkonzerne größtenteils selber ab.
Bei den lokalen Gewerbetreibenden gab es viele lange Gesichter. Auch dazu wollten sich die Befürworter der Bewerbung in der Ratssitzung nicht äußern.
Im Rat wünsche ich mir ab und zu deutlich mehr kritische Vernunft statt einer Ausbreitung des Euphorisierungsvirus.
In der Wahrnehmung des Fraktionsvorsitzenden der CDU ist eine solche kritische Vernunft allerdings oft nur eine „Spaßbremse“.
3.
medienanalystin schrieb am 28.05.2017 um 20:38 Uhr:
Wenn der Traum von der „wirschaftlichen Belebung“ (wie soll sich die konkret äußern?) mal nicht nach hinten losgeht und mit nur Miesen endet. Wäre nicht ein- und erstmalig in der Fußballgeschichte.
Freiburg und Kaiserslautern zogen Bewerbungen zurück. Dortmund muss noch einmal nachdenken,
Wikipedia:
„Die Stadt Freiburg zog ihre Interessenbekundung am 25. April 2017 zurück. Als Grund wurde angegeben, dass die vom DFB bekanntgemachten Vorgaben für eine Bewerbung aktuell nicht mit einer erfolgversprechenden Bewerbung in Einklang zu bringen sind.
Am 15. Mai 2017 zog schließlich auch die Stadt Kaiserslautern ihre Bewerbung zurück, als Grund nannte man ein „unverantwortliches finanzielles Risiko“.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Fu%C3%9Fball-Europameisterschaft_2024#cite_note-11
Kaiserslautern, Zitat :
„Oberbürgermeister Klaus Weichel (SPD) sprach von einem „unverantwortlichen finanziellen Risiko”.
Es gäbe große Unabwägbarkeiten, zudem würden sich viele Kosten erst nach Ablauf des Turniers in ihrer vollen Tragweite zeigen. Nach Karlsruhe und Freiburg macht somit die dritte Stadt einen Rückzieher.
Durch Auflagen der Europäischen Fußball-Union (UEFA) wie die Gewährleistung der Sicherheit, externe Personalkosten und Public Viewing entstünde der finanziell gebeutelten Stadt ein geschätzter Zuschussbedarf in Höhe von sechs bis acht Millionen Euro.“ Zitat Ende.
http://www.handelsblatt.com/fussball-kaiserslautern-zieht-bewerbung-fuer-fussball-em-2024-zurueck/19805558.html
In der Badischen Zeitung war zu Freiburgs Rückzug u.a. zu lesen, Zitat:
„Offenbar war aber nicht ein einzelnes Kriterium ausschlaggebend für den Freiburger Rückzug, sondern eine Reihe von Gründen.
Selbst große Bewerberstädte sollen mit den Ohren geschlackert haben, ist aus der DFB-Zentrale in Frankfurt zu vernehmen, wohin alle Interessenten am 11. April zu einem Workshop geladen waren; erst dort waren den Interessenten die Kriterien genannt worden, was Bereiche wie Fanzonen, Infrastruktur, Medien- und Stadionrichtlinien betrifft.“ Zitat Ende.
http://www.badische-zeitung.de/freiburg/freiburg-wird-kein-spielort-fuer-die-fussball-em-2024–136035300.html
Wegen „deutlicher Kritik“ aus Dortmund will DFB nochmal nachdenken:
„Zuletzt hatte es aus Dortmund, das aktuell in der Bundesliga das Stadion mit dem größten Fassungsvermögen in Deutschland vorweist, deutliche Kritik gegeben.
Der Dortmunder Oberbürgermeister hatte betont, der DFB fordere eine pauschale Zusage, ihn „auf eigene Kosten bestmöglich zu unterstützen“.
Aus dem Forderungskatalog gehe aber nicht hervor, wie hoch die Kosten wirklich seien. „Wir können sie nicht beziffern. Wenn das Geschäftsmodell von DFB und UEFA ist, wir bezahlen und sie kassieren, dann ist das etwas einseitig“, wird Sierau in verschiedenen Medien zitiert. Dortmund kündigte an, den Rat entscheiden zu lassen.“ War im Tagesspiegel zu lesen:
http://www.tagesspiegel.de/sport/nach-kritik-aus-dortmund-dfb-verlaengert-bewerbungsfrist-fuer-em-2024/19850882.html
Für Mönchengladbach alles kein Problem oder Risiko?
Herr Dr. Brenner und Herr Dr. Fischer scheinen zu den Wenigen zu gehören, die in der Lage sind kritisch zu denken, statt riskanten Träumen anzuhängen, die unsere arme und hoch verschuldete Stadt eine zweistellige (!!!) Millionensumme kosten könnte, die sie nicht hat.
Herr Dr. Fischer bleiben Sie hart und kritisch!
2.
Kerstin Königs schrieb am 27.05.2017 um 18:41 Uhr:
Wenigstens denken noch einige statt sich falsche Hoffnungen zu machen.
Wenn ich lese:
„Der Bekanntheitsgrad der Stadt Mönchengladbach in Europa und der Welt kann deutlich gesteigert werden und es gibt eine wirtschaftliche Belebung in der wachsenden Stadt MG+“
reicht es mir.
Davon kann sich keiner was kaufen. Schreiben doch auch: Bekanntheitsgrad „kann“ deutlich gesteigert werden. Garantiert ohne Garantie, dass das passiert.
Immer diese Luftschlösser, die nur kosten und nichts bringen.
Die UEFA ist nicht grade für ihre soziale Ader bekannt. Die wollen maximal auf Kosten anderer Geld kassieren.
Gebühren werden erhöht, ohne dass ich/meine Familie was davon haben. Nun auch noch Geld für sowas rausschmeißen, weil sich hier einige Leute einbilden die Stadt könnte daraus Kapital schlagen.
Was passiert, wenn das schief geht und 20 oder 30 Millionen auf der Rechnung stehen?
WER zahlt die?
1.
M. Angenendt schrieb am 27.05.2017 um 12:07 Uhr:
Danke Dr. Brenner!!
Der PR-Wahn ist unerträglich.
PR bringt nur was, wenn dabei unterm Strich verdient wird.
Wieviele Arbeitsplätze hat die Stadt durch Borussia mehr?
Welche Unternehmen haben sich hier angesiedelt wegen Borussia, Frauenfußballmeisterschaft (war die mal in MG – ah ja?) und der Hockey-Nummer an die sich kein Schwein mehr erinnert?
Wieviel Geld hat die Stadt dran verdient?
Nicht mal mit Borussia verdient hier jemand soviel mehr, dass es lohnt drüber zu reden. Die Fans anderer Manschaften lassen hier nix außer Geld für Würstchen, Bier, vielleicht Cola und Wasser.
Alles von Dr. Schückhaus, früher Bude, heute Reiners & Co, die sich gerne mal mit Prominenz tummeln total überbewertet.
Kenne das vom Ausland.
Logo kennen alle Borussia. Also die, die Fußball mögen. In Deutschland war deshalb noch keiner.
Die Stadt selber kennt auch keiner. Die wissen nicht mal wo die in Deutschland liegt. Interessiert die auch nicht die Bohne.
Fußball sehen die im Fernsehen.
Fans genauso. die kommen nicht als Tourist, sonder per Bus mit dem die nach dem Spiel wieder nach Hause fahren.
Wo bleiben die belastbaren Zahlen von denen die immer wieder dieselbe Marketing-Numer zum besten geben?