Niederrhein-Krimi „Zaungast“
Andreas Rüdig [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Matthias Hellmann starb vor längerer Zeit am Ufer des Kaarster Sees. Todesursache: eine Überdosis Rauschgift. Cornelia „Nele“ Liebert-Schumann steht eines Tages am Grab ihrer großen Jugendliebe.
Da belauscht sie unbeabsichtigt ein rätselhaftes Gespräch: Zwei Fremde wollten sich doch tatsächlich vergewissern, daß Matthias auch wirklich tot ist. Und das aus gutem Grunde: Sie wurden schließlich jahrezehntelang von ihm erpreßt… – So wird Nele zur Ermittlerin wider Willen.
Die hohe Seitenzahl läßt es erahnen: Das Buch ist sehr umfangreich und schwergewichtig. Es ist damit eine Herausforderung an Geduld und Ausdauer des Lesers. Und das hat mehrere Gründe.
Zum einen gibt es immer wieder Rückblenden, in die Jugend der Hauptpersonen und das Ende ihrer Schulzeit. Diese Rückblenden hätten größtenteils weggelassen werden können. Sie sollen zwar eine Erklärung für die heutigen Ereignisse bieten, tragen aber im Grunde genommen nichts Neues zur gegenwärtigen Handlung bei.
Wünsche betätigt sich hier auch als übergenaue Erzählerin. Sie beschreibt so viele (überflüssige) Details, daß es nicht gerade lesefreundlich ist. So kommt schnell die Frage auf, was hier eigentlich im Vordergrund steht, die Kriminalgeschichte oder das Sozio- und Psychogramm einer Schulklasse Ende der `80er Jahre am Niederrhein. „Typisch Frau am Kugelschreiber – sie macht alles nur noch komplizierter, als es eh´ schon ist“ – dieses Urteil möchte man hier ganz schnell fällen.
Es sind aber auch einige Elemente des klassischen Kriminalromans vorhanden. Eine Unbeteiligte schliddert durch Zufall in eine Kriminalhandlung. Mord, versuchter Mord, Erpressung, Drogen, Körperverletzung – viele verschiedene Delikte kommen hier vor. Die Handlung schreitet ganz allmählich voran. Zum Ende hin nimmt sie dann Fahrt auf und endet mit einem großen Finale, in dem dann die Taten aufgedeckt und die Zusammenhänge erklärt werden. Die Polizei kommt hier nicht vor; Amateure übernehmen (erfolgreich) die Detektivarbeit.
Der Verlag kündigt das Buch als „Niederrhein Krimi“ an. Kaarst liegt auf jeden Fall am Niederrhein. Ein bißchen Lokalkoloritt kommt hier natürlich auch drin vor. Eine Handlung wie diese wäre in einer Gr0ßstadt (wie dem nahegelegenen Mönchengladbach oder Düsseldorf) nur schwer vorstellbar. Ob sie dann aber tatsächlich in Kaarst, Rheurdt oder Uedem stattfindet, ist dann aber nur noch eine Randfrage.
Wie könnte ein Fazit aussehen? Das Buch ist zwar etwas lang geraten und könnte einige Kürzungen sicherlich gut vertragen. Es ist aber trotzdem alles in allem gelungen und angenehm lesbar. An ruhigen Tagen, beispielsweise in den Sommerferien oder im Weihnachtsurlaub, ist es gut zu lesen.
Christiane Wünsche: Zaungast; Emons Verlag Köln 2014; 383 Seiten; ISBN: 978-3-95451-401-4