Katja Kabanowa, Janáceks dramatische Oper, brillant und bewegend in Mönchengladbach [mit Video]
Herbert Rommerskirchen [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Eine fulminante Aufführung dieses so schweren Werkes. Es muss doch ein Zufall sein, dass in einer Zeit der Tornados, schwerer Unwetter, ein menschlich so eminent schweres, schwer zu ertragenes, aber ergreifendes Werk ohne Pause auf die gebannt sehenden und lauschenden Menschen übertragen wird.
Eine Geschichte des russischen Dichters Alexandr N. Ostrowskijs, das Schauspiel „Das Gewitter“, wurde vom großen Komponisten Leos Janácek atemberaubend in Musik gesetzt.
Wie in allen seinen Werken folgt er perfekt dem Tonfall der tschechischen Sprache.
Eigentlich ist dieses Drama die Geschichte der jungen Katja Kabanowa, die mit einem Mann verheiratet worden ist, den sie nicht liebt, der unfähig ist, dem Zwang der herrschsüchtigen, nicht teilen wollenden Mutter, die ihre Schwiegertochter hasst, zu entkommen, häufig nicht nur in Russland.
Zu diesen Figuren kommt die lebenslustige Pflegetochter Barbara, die selbst den Lehrer Kurdrjasch liebt, und viele andere Personen, die in die Handlung eingebunden werden.
Die Mutter steigert sich immer mehr in Hassgefühle, die für Katja nicht mehr zu ertragen sind.
Sie verliebt sich in den Neffen des reichen Dikoj, den Boris Grigorjewitsch.
Ihr Mann geht auf eine Reise, weil er seiner Mutter entkommen will.
Katja verzweifelt und gesteht dem ganzen Dorf den Ehebruch.
Sie ergibt sich ihrer Todessucht und geht ins Wasser.
Helen Malkowsky, die sehr einleuchtend die Handlungsfäden herausstellt, wird unterstützt von dem tristen Bühnenbild der Kathrin-Susann Brose, die die Drehbühne des Hauses perfekt nutzte, so
lästige, störende Umbauten vermied und den Fluss der Oper nicht unterbrach.
Alexandra Tivig schuf Kostüme, die der Regie, den Bühnenbildern, den Darstellern auf den Leib geschneidert erschienen.
Helen Malkowsky betont in ihrer Regie die Sehnsucht der Katja, einen Menschen zu finden, zu lieben und ihm zu gehören.
Alle Nebenfiguren erweckt sie zum Leben. Nichts bleibt uninteressant.
Die Schlussszene erscheint mir unterkühlt und nicht glaubhaft, das ist auch eine Sache des Bühnenbildes.
Die Katja, die von Izabela Matula beklemmend echt dargestellt wird, trägt die Hauptlast im Werk.
Eine schwere Partie, der sie in jeder Phase absolut gerecht wird. Den ganzen Abend lebt sie in ihrer Rolle, gestaltet jede Bewegung, singt leicht metallisch ganz toll, auch Pianopassagen.
Die Katja ist eine Rolle, die so schwer ist wie die der Isolde, verblüffend aber auch der Jenufa ähnelt.
Eine Wahnsinnsleistung.
Dieser Leistung kam Eva Maria Günschmann als Barbara absolut ebenbürtig nahe.
Wie Frau Malkowsky mit ihr die Barbara erarbeitet hat war umwerfend. Schauspielerisch und gesanglich eine tolle Leistung.
Sie geht stimmlich immer mehr ins Sopranfach, was hier passte.
Das Zusammenspiel, Zusammensingen mit der Katja war intensiv und klangschön.
Satik Tumya gestaltete die die bösartige Kabanicha hervorragend. Sie ist bösartig, wirft ihre hohen Töne zischend und giftig in das Geschehen, führt die Fäden bis zu bitteren Ende.
Eine herrschende, beherrschende Frau, die hier nur einen Fehler hat, sie ist eigentlich zu schön.
Auch die Herren sind von der Regie auf das Beste geführt.
Michael Siemon als Boris Grigorjewitsch, Liebhaber der Katja, überzeugte einmal mehr durch sein natürliches Spiel, durch seine Musikalität, der Schönheit seines Tenors, der Intensität seines Singens.
Wieder hörte ich hier die Entwicklung der Stimme zum leicht Heldischen, im italienischen Fach dem Spinto-Tenor.
Wunderbar!
Markus Heinrich als Wanja Kurdrjasch, als Buffo-Tenor sonst eingesetzt, überzeugte durch eine ausgefeilte Gestaltung.
Liebhaber der Eva Maria Günschmann zu sein fiel ihm sichtlich nicht schwer.
Zeichnet sich hier ein Charakter-Tenor ab?
Kairschan Scholdybajew, sonst der italienische Tenor des Hauses, zeichnete den Schwächling Tichon perfekt, eine hervorragende Studie eines drangsalierten Menschen.
Er sang seine Partie in absoluter Frische.
Ebenfalls eine große Leistung.
Hayk Dèinyan, sang und spielte den sexuell Getriebenen, dem Alkohol zugeneigten Großkaufmann Dikoj perfekt.
Endlich wieder einmal diesen wunderbaren Künstler, seine balsamische Stimme, in einer, wenn auch nicht allzu großen Rolle zu erleben, war einfach ein Genuss.
Ist er der König Heinrich im Lohengrin? Das ist doch eine ihm gemäße Rolle!
Die Kleineren Partien:
Annelie Bolz als Fekluscha, gab eine hinreißende Studie eines alten Weibes, sang sehr schön.
Manon Blanc-Delsalle als Glascha, sang sehr schön, sah bezaubernd aus.
Shinyoung Yeo als Kuligin, spielte hervorragend. Seine Bombenstimme ließ aufhorchen.
Zeichnet sich hier ein Zwischenfach- Bariton ab?
Von allen Mitwirkenden ein große Leistung .
Der Chor, Maria Benyumova, machte seine kleinen Aufgaben gut.
Das Orchester, die Niederrheinischen Sinfoniker, spielten unter der inspirierenden Leitung des GMD Mihkel Kütson hervorragend.
Hat Kütson eine Affinität zur slawischen Musik? Es klang so!
Dynamische Finessen, wunderbare Übergänge. Wunderbare Piani und Pianissimi.
Ein Fest.
Ein Genuss, dem blühenden Streicherklang, den tollen Hörnern, den singenden Holzbläsern, dem perfekten Pauker zu lauschen.
Ganz großer Beifall des atemlosen Publikums.
Sänger, Dirigent, Chor und Orchester, das Regieteam wurden gefeiert.
Fazit
Ein grandioser Abend, bei dem aber auch (fast) alles stimmte.
Tolle musikalische Leistungen, tolle Regie, Bühne, Kostüme, eine Drehbühne, die wie auch die andere Technik einmal perfekt genutzt wurde.
Jeder, der die Katja Kabanowa noch nicht erlebt hat, sollte sich das ansehen, anhören, um zum Janácek-Fan zu werden.
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Hier Ausschnitte aus einer ähnlichen Aufführung von „Katja Kabanowa“ unter Mitwirkung u.a. des Chor des THEATERs BONN und des Beethoven Orchesters Bonn.
Video: Ralph Goertz