Mönchengladbach = „Prosperierende Stadt“? • Studie des Institutes der deutschen Wirtschaft zeigt Gegenteiliges • Mönchengladbach beim „Zukunftsindex 2030“ auf Rang 60 von 69 Großstädten
Bernhard Wilms [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Mönchengladbach sei eine wachsende, prosperierende Stadt und man wolle über Sauberkeit und den Neubau von Wohnungen dafür sorgen, dass mehr „gut situierte“ Menschen nach Mönchengladbach kommen bzw. in der Stadt bleiben.
Diese und ähnliche Aussagen sind unisono aus CDU und SPD zu hören, wenn die „Macher“ der GroKo auf Parteiveranstaltungen oder bei sonstigen Gelegenheiten an Mikrofone treten.
Nicht anders dürfte es sein, wenn sie in der Ratssitzung am Mittwoch, den 16.12.2015 ihre Haushaltsreden halten und anschließend den Haushalt 2016 beschließen.
Einen Haushalt, der geprägt sein wird von Steuererhöhungen, insbesondere wegen der umstrittenen Gründung der AöR „Kompetenzzentrum Sauberkeit“.
Dabei ist der zur Schau gestellte Optimismus keineswegs angebracht, betrachtet man die aktuelle Studie des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH, die Ende vorigen Monats ihr alljährliches Städteranking und dabei das Stärken-Schwächen-Profil für Mönchengladbach vorstellte.
Die Untersuchung zeigt anhand der ökonomischen und sozialen Entwicklung, wo es sich in den 69 größten deutschen Städten am besten leben, arbeiten und wohnen lässt.
Während bislang ein Niveau- und Dynamikranking der Großstädte erstellt wurde, kam 2015 erstmals ein „Zukunftsindex 2030“ hinzu, woraus abgeleitet werden kann, wie zukunftsfähig die Wirtschaftsstruktur der Städte ist.
Hierzu und zu den weiteren Ermittlungen hat unsere Redaktion ergänzend die Abweichungen der Werte für Mönchengladbach mit den vom Institut der deutschen Wirtschaft eruierten „Mittelwerte“ verglichen und nach dem „Ampelsystem“ Einschätzungen vorgenommen.
Im Ranking „Zukunftsindex 2030“ rangiert Mönchengladbach an 60. Stelle der 69 deutschen Großstädte über 100.000 Einwohner.
Das Zukunftspotenzial wurde auf Grundlage von zwölf Indikatoren ermittelt, die sich über die Bereiche Forschungsstärke, Industrien der Zukunft und kreative Dienstleistungen verteilen.
Das Institut der deutschen Wirtschaft hebt die Stärken und Schwächen der Stadt hervor:
Stärken Mönchengladbachs aus dem Zukunftsindex 2030 [aus Studie]
Je 100.000 Erwerbstätigem wurden im Jahr 2012 19,6 Patente angemeldet. Damit erreicht Mönchengladbach Rang 25 von 69. [Z 104]
Bemerkenswert ist, dass dieser durchaus als nachgeordnet einzustufende Indikator der einzige ist, den das Institut positiv sieht.
Schwächen Mönchengladbachs aus dem Zukunftsindex 2030 [aus Studie]
- In Mönchengladbach hatten 10,5 von 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Für das Jahr 2014 erreicht die Stadt damit Rang 60 der 69 untersuchten Großstädte. [Z 101]
- Im Jahr 2014 lag die Ingenieursquote – der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesem Bereich – bei 1,9 Prozent. Das bedeutet Rang 61 für Mönchengladbach. [Z 102]
- Die Anzahl der MINT-Absolventen je 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug im Jahr 2014 nur 0,3 Prozent. Bei einem Mittelwert von 1,0 Prozent erreicht Mönchengladbach Rang 55. [Z 203]
Bemerkenswert ist auch, dass die Zahl der Theaterbesucher um 33,3% niedriger ist, als der Durchschnitt aus den 69 untersuchten Großstätten, was Mönchengladbach auf Rang 50 erscheinen lässt. [Z 304]
Ziel des „Dynamikvergleichs“ ist, herauszufinden, welche Stadt in der Lage war, ihre Situation am meisten zu verbessern – unabhängig vom erreichten Status Quo.
Beim „Dynamikvergleich“ der Jahre 2009 bis 2014 sieht es kaum besser aus als beim „Zukunftsindex“: Mönchengladbach liegt mit 46,4 Punkten auf Rang 56 unter den 69 untersuchten Großstädten in Deutschland.
Das Dynamik-Ranking zeigt auch, welche Stadt sich womöglich auf ihren Lorbeeren ausruht.
Stärken Mönchengladbachs aus dem Dynamik-Ranking [aus Studie]
- Der Pendlersaldo blieb im Mittel der Großstädte unverändert. In Mönchengladbach veränderte er sich um 0,14 je 100 Einwohner, was Rang 30 bedeutet. [D 302]
- Die Wirtschaftsleistung/Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von 2009 bis 2012 um 14,1 Prozent; Rang 17 im Vergleich. [D 401]
- Die Produktivität (BIP je Erwerbstätigen) veränderte sich von 2009 bis 2012 um 10,7 Prozent; Rang 20 im Vergleich. [D 404]
Schwächen Mönchengladbachs aus dem Dynamik-Ranking [aus Studie]
- Die Kinderbetreuungsquote der unter 3-Jährigen stieg im Untersuchungszeitraum um 8,6 Prozentpunkte, im Durchschnitt der untersuchten Städte stieg der Wert allerdings um 11,5 Prozentpunkte; Rang 58 im Vergleich der Großstädte. [D 207]
- Die Arbeitsplatzversorgung stieg zwischen 2009 und 2014 in allen Vergleichsstädten im Mittel um 5,4 Prozentpunkte. Mönchengladbach erreicht nur einen Wert von 3,6, was Rang 56 bedeutet. [D 309]
- Der Gewerbesaldo veränderte sich im Untersuchungszeitraum um -1,6 je 1.000 Einwohner. Im Mittel aller untersuchten Städte sank der Wert dagegen um -0,6; Rang 56. [D 402]
Dem erheblichen Anstieg – und damit Verschlechterung – bei Arbeitslosengeld-II-Empfänger schenkte das Institut an dieser Stelle keine besondere Aufmerksamkeit, obwohl Mönchengladbach mit einer Abweichung von 175% gegenüber dem Mittelwert hier den Rang 55 unter den 69 deutschen Großstädten einnimmt. [D 303]
Je nach Blickpunkt der Betrachtung kann man bei den Indikatoren zum Immobilienmarkt zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen.
Aus Sicht der Immobilienwirtschaft sind die dort ermittelten Werte, die zwischen 45,6% (Mietpreis) [D 101] und 50,3% (Kaufpreis) [D 102] von den Mittelwerten abweichen, negativ einzuschätzen, was zu den Rängen 59 bzw. 54 für Mönchengladbach führt.
Aus Sicht der Mieter und Käufer hingegen dürften sich bei diesen Indikatoren andere Rangfolgen für Mönchengladbach ergeben.
Beim „Niveauvergleich“ kommt Mönchengladbach mit einem Wert 43,5 auf Rang 59 und liegt damit um etwa 13% unterhalb des Mittelwertes der 69 untersuchten Großstädte.
Stärken Mönchengladbachs aus dem Niveau-Ranking [aus Studie]
- Die Anzahl der registrierten Straftaten lag in Mönchengladbach im Jahr 2014 bei 8.773 je 100.000 Einwohner. Im Durchschnitt der Vergleichsstädte lag der Wert bei 10.247; Rang 20. [N 203]
- 45,5 Prozent der Schulabgänger verließen 2013 die Schule in Mönchengladbach mit einer Hochschulzugangsberechtigung. In den Vergleichsstädten lag der Wert bei 42,6 Prozent; Rang 22. [N 309]
Schwächen Mönchengladbachs aus dem Niveau-Ranking [aus Studie]
- In Mönchengladbach konnte im März 2014 für 16,2 Prozent der unter 3-Jährigen ein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt werden. Im Vergleich der Großstädte bedeutet das Rang 67. [N 206]
- Für 88,1 Prozent der Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren stand im März 2014 ein Kitaplatz zur Verfügung. Dies bedeutet Rang 63 im Vergleich. [N 207]
- Von 100 Einwohnern Mönchengladbachs bezogen im Jahr 2014 10,3 Arbeitslosengeld II; Rang 63 im Vergleich. [N 302]
Während im „Dynamikvergleich“ (2009-2014) die Hartz-IV-Empfänger-Quote unberücksichtigt blieb (dort mit Rang 55 für Mönchengladbach), wird sie bei der Betrachtung für 2014 berücksichtigt. Dies vermutlich wegen des Ranges 63, auf dem Mönchengladbach dabei liegt.
Dies bestätigt die vom Jobcenter Mönchengladbach am 30.11.2015 dargelegte Erklärung, dass die Zahl der ALG-II-Bezieher – entgegen anders lautender Äußerungen aus der GroKo – wieder erheblich angestiegen ist. [N 302]
Obwohl auch der Anstieg der Jugendarbeitslosenquote mehr als 55% oberhalb des Mittelwertes der 69 untersuchten Großstädte liegt und Mönchengladbach damit auf Rang 63 landet, wurde auch diese Schwäche in der Studie nicht besonders hervorgehoben. [N 304]
Gleiches gilt für die Schulabbrecher (Rang 55 für Mönchengladbach) [N 305], die Quoten der Hochqualifizierten (Rang 60) [N 306] und der Ingenieure (Rang 61) [N 307], die mit 38,2 % bzw. 36,7% unterhalb des Mittelwertes festgestellt wurden.
Zum Vorgehen des Institutes der deutschen Wirtschaft:
Die insgesamt 69 Städte traten in 93 Disziplinen gegeneinander an (Niveau: 53, Dynamik: 40).
Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen, wurden die Einzelindikatoren in vier unterschiedlich gewichteten Kategorien zusammengefasst:
- Arbeitsmarkt, Gewichtung: 40 Prozent,
- Wirtschaftsstruktur, Gewichtung: 30 Prozent,
- Immobilienmarkt, Gewichtung: 20 Prozent und
- Lebensqualität, Gewichtung: 10 Prozent)
Die Rangfolge ergibt sich aus einem Punktesystem, das auch relative Unterschiede berücksichtigt: Wer etwa in einigen Bereichen mit geringem Abstand vorne liegt, in anderen Einzelwertungen jedoch mit großem Abstand hinten, der findet sich insgesamt eher auf hinteren Rängen wieder … und umgekehrt.
Die Gewichtung erklärt sich wie folgt: Als Ziele definierten die Wissenschaftler von IW-Consult hohe Beschäftigung und hohen Wohlstand der Menschen.
Die Gewichtung ergibt sich aus dem Einfluss der Indikatoren auf diese beiden Ziele.
4.
Brummbär schrieb am 8.12.2015 um 20:37 Uhr:
@ Findus
Fläche und Neubaugebiete (schaffe, schaffe Häusle baue – Jessen, Schrammen und der restliche Klüngel müssen doch auch von was leben!) kann man besser verhökern als im Bestand innerhalb der Stadt mühselig Objekte zu vermarkten!
Wie war das mit dem ehemaligen Gesundheitsamt, das 15 Jahre oder mehr vor sich hin gammelte?
Ohne Sasserath von den Grünen wäre das auch heute noch so!
Dass von der Logistik nicht viel in der Stadt hängen bleibt (Steuereinnahmen) wird auch nie erwähnt.
Flächenversiegelung? Was soll’s! Mal ganz nebenbei: der Boden hier ist erstklassiges Ackerland. Wer weiß, ob der nicht noch dringend gebraucht wird.
Aber solche abstrusen Gedanken haben Dr. Schückhaus und Friends doch nicht!
Die Gladbacher Wachstumsthese muss durch Taten untermauert werden.
3.
Findus schrieb am 8.12.2015 um 10:04 Uhr:
Es gibt einen Punkt, der leider schnell vergessen wird, denn da ist Mönchengladbach ganz oben bei den „Playern“.
Dank der unermüdlichen Tatkraft von Dr. Schückhaus und seinen Mitstreitern spielt Mönchengladbach nämlich eine herausragende Rolle bei den Flächenvernichtern.
Da brüstete sich doch in der Rheinischen Pest vom 20.10.2015 unter der Überschrift „Logistik:Gladbach punktet beim Flächenumsatz“ die Stadt MG mit folgendem Satz:
„Dabei verbuchte die Region Mönchengladbach mit gut 297.000 Quadratmeter den höchsten Flächenumsatz außerhalb der Top-Fünf-Standorte“.
Jetzt braucht man Flächenumsatz nur auf gut Deutsch mit Flächenvernichtung zu übersetzen.
Da hat man doch in der Tat etwas Handfestes,mit dem man punkten kann, aber leider in der Negativbilanz.
Wer finanziell gut abgesichert ist, verlässt diese tote Stadt so schnell er nur kann.
2.
Zwiebelpiefke schrieb am 7.12.2015 um 17:02 Uhr:
Sieht mehr nach Keller als erste Liga und prosperierend aus.
Also nicht nur gefühlt mies. Auch echt mies.
Da war Borussia auch mal. Die GroKo soll doch mal bei André Schubert Nachhilfe nehmen oder Lucien Favre fragen, ob der die Truppe trainiert.
Der ist im Augenblick vielleicht noch frei, damit die lernen wie man ein echter Siegertyp wird. Also richtig in echt. Nicht aufgehübscht.
1.
M. Angenendt schrieb am 7.12.2015 um 11:43 Uhr:
Na ja. Wer von ganz unten kommt, kann und muss jeden Tippelschritt nach vorne als Riesenerfolg aufbauschen und verkaufen. Nennt man PR.
Steuererhöhungen sind dann genau das „richtige“ Mittel.
„Kreativität“ der GroKo. Wenn einem sonst nix einfällt und der Klüngel weiter bedient und bezahlt werden muss, bleibt nur solcher Unsinn. Wird besonders die freuen, die sowieso schon nix haben.
Wie ist das mit den Mieten, die von der Stadt bezahlt werden müssen? Z.B. für Hartz-IV-Bezieher. Zahlt sich die Stadt selbst mehr dank Grundsteuer B, damit die daraus dann sauber machen lassen kann?
Ein perfektes Perpetuum Mobile oder gar Win-Win-Situation?