Mobbing am Arbeitsplatz – rechtlos ausgeliefert?
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Gemobbte Arbeitnehmer resignieren häufig im Glauben, rechtlos schikanösem Verhalten von Kollegen und Vorgesetztem ausgesetzt zu sein. Doch so einfach ist das nicht. Um dem Psychoterror ein für den Geschädigten akzeptables Ende zu bereiten, ist allerdings meist eine längerfristige und strategische Begleitung durch einen Rechtsanwalt nötig.
Wichtig ist: das Ziel.
- Möchte ich den Arbeitsplatz behalten?
- Möchte ich eine Auflösung in gegenseitigem Einvernehmen?
- Strebe ich eine Versetzung an?
- Möchte ich, dass der Mobber den Arbeitsplatz verlässt?
- Wie realistisch sind meine Ziele?
Vorab: von Mobbing betroffene Arbeitnehmer sollten ihr Ziel erst nach Erhalt umfassender fachlicher und sachlicher Informationen festlegen. Dominieren starke Emotionen wie „Verzweiflung“, „Angst“, „Wut“, so fallen „klare Gedanken“ schwer, Entscheidungen werden oft übereilt getroffen.
Daher wichtig: Personen des Vertrauens, die nicht unmittelbar betroffen sind und mit denen man sich auch noch nach einem Gespräch mit Fachleuten beraten kann, sollten Betroffene beim Gang zum Rechtsanwalt begleiten.
Und: Mitschreiben oder nach einer schriftlichen Bewertung fragen.
Auch wichtig: sich nicht „nur“ auf den Anwalt verlassen. Anwälte übernehmen gerne ein Mandat, jedoch bedeutet das nicht zwangsläufig „Ich regel das Mobbing-Problem für Sie“.
Der Anwalt erstreitet ein Urteil, mit dem der Mandant dann aber weiter leben muss und ggfls. auch weiter im Unternehmen tätig ist.
Im Idealfall bauen sich deswegen betroffene Arbeitnehmer ein individuelles Helfer-Netzwerk auf, das zusammenwirkt und sich ergänzt. Hierzu zählen Selbsthilfegruppen, Ärzte und Therapeuten, Berater der Krankenkassen. Aktiv werden und sich umhören lautet die Devise.
Mobbing ist eine Kette von Handlungen, die auch Rechtsverletzungen beinhalten können – aber nicht müssen. Von daher steht oft erst einmal die rechtliche Bewertung einer einzelnen Handlung im Fokus des Rechtsanwaltes. Wer hier sofort von „Mobbing“ und „Schadensersatzklage“ spricht, der hat für einen erfolgreichen Prozess einige Hürden zu nehmen:
Die tatsächlichen Umstände eines Mobbingvorwurfs sind hinreichend und schlüssig darzulegen, ärztliche Diagnosen wie z.B. Depressionen müssen nachweislich im Zusammenhang mit den vorgebrachten Mobbingtatbeständen stehen; die bewusste Schädigung des Arbeitnehmers muss nachgewiesen werden.
Ein Mobbingvorwurf ist noch längst kein Mobbingtatbestand. Wenn also Ärzte „Mobbing“ attestieren, heißt das noch längst nicht, dass diese Aussage auch rechtlich Bestand hat.
Daher gilt: frühzeitig Beweise sammeln, in einem „Mobbingtagebuch“schädigende Handlungen aufzeichnen, die gesundheitlichen Folgen möglichst von einem Facharzt aufnehmen und belegen lassen.
Wer also eine Schadensersatzklage oder Unterlassungsklage erhebt, der muss auch Beweise erbringen, die einen Richter überzeugen.
Dies macht häufig eine längere Begleitung durch einen Rechtsanwalt erforderlich: Mobbing ist ein Geschehnisprozess und gute Aufzeichnungen legen dar, dass die Fülle der Einzelhandlung eine „Gesamttat“ bilden, die die Folgen, wie z.B. Erkrankung, dann auslösten.
Gemobbte sollten sich rechtzeitig beschweren. Wie soll ein Arbeitgeber Abhilfe schaffen, wenn er nicht – nachweislich – auf das Problem aufmerksam gemacht wurde?!
Der betroffene Arbeitnehmer sollte daher seinen Arbeitgeber über sein Problem am Arbeitsplatz informieren und um Abhilfe bitten. Reicht dies nach Gesprächen nicht, so sollte er noch mal schriftlich auf das/die bisherigen Gespräch/e Bezug nehmen, Missstände kurz aufführen und Abhilfe einfordern.
Ein gutes Mittel ist auch die Beschwerde an den Betriebsrat nach § 85BetrVG über ungerechtfertigte und schikanöse Behandlungen.
Wenn keine Mitarbeitervertretung vorhanden ist, können sich Betroffene auch an das Staatliche Amt für Arbeitsschutz (StafA) wenden.
Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht. Alle im Betrieb tätigen Personen sind nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit zu behandeln (§ 75 BetrVG). Der Arbeitgeber darf selbst nicht aktiv mobben, er darf aber auch nicht passiv Mobbing dulden.
Arbeitsstrukturen sind so zu organisieren, dass Mobbing gar nicht erst zum Problem im Unternehmen wird. Der Arbeitgeber ist zur Abhilfe verpflichtet bis hin zur Abmahnung und Kündigung eines mobbenden Mitarbeiters. Das bedeutet aber nicht, dass Gemobbte einen Rechtsanspruch auf Entlassung eines Mobbers haben.
Ein Arbeitnehmer, der von seinem Vorgesetzten gemobbt wird und erkrankt, kann auch eine Versetzung anstreben; Voraussetzung ist natürlich, dass ein gleichwertiger Arbeitsplatz im Betrieb auch vorhanden ist.
Es gibt kein „Anti-Mobbing-Gesetz“; selbst Mobbing im öffentlichen Dienst und Mobbing in der Privatwirtschaft müssen juristisch differenziert betrachtet werden. Aus einer Vielzahl von Gesetzen muss der Anwalt die Handlungen und die Sachlage bewerten.
Letztlich ist wichtig, dass Betroffene eine individuelle Strategie aufbauen mit dem Ziel, das Mobbing zu beenden ohne Verlierer zu sein.