Haushaltsreden 2015: Friede … Freude … Lebkuchen & realistische Perspektiven? [mit Audios]

Bernhard Wilms [ - Uhr]

Manchmal sind Haushaltsreden nichts anderes als Wiederholungen oder Fortsetzungen von Wahlprogrammen.

Wie auch einige von denen, die am 17.12.2014 im Mönchengladbacher Rat gehalten wurden.

Davon konnten sich die 4 (in Worten: vier) Zuhörer auf der Tribüne des Rheydter Ratssaales überzeugen.

Nur weniges war inhaltlich wirklich neu, manches eher als politische Absichtserklärung einzustufen und das eine oder andere nur der Selbstdarstellung der Redner dienend.

„Es gilt das gesprochene Wort“ wird solchen Reden vorweg geschickt. Meist sind diese auch identisch mit dem „geschriebenen Wort“, was (wieder einmal) die Frage aufwirft, welchen Sinn solche „vorgelesenen“ Reden wirklich haben.

Zu einer Änderung des Abstimmungsverhaltens der politischen Mitbewerber hat keine der Ausführungen gelangt, was auch nicht ernsthaft zu erwarten war.

Für tiefgehende Analysen eignen sich auch die nachfolgenden Haushaltsreden nicht.

Dennoch geben sie Anlass für Rückblicke und Betrachtung der einen oder anderen Aussage und deren etwaige Bedeutungen für kurz- oder mittelfristige Vorhaben und (partei)politische Zielsetzungen.

Traditionell war es dem Sprecher der größten Ratsfraktion, nämlich der CDU, Dr. Hans Peter Schlegelmilch vergönnt, den Reigen der Haushaltsredner zu eröffnen.

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Für Schlegelmilch war seine Haushaltsrede die willkommene Gelegenheit, den Stärkungspakt erneut als Gängelungsinstrument der Landesregierung für die Kommunen darzustellen.

In diesem Zusammenhang bemerkenswert seine Aussage: „D.h., dass wir mit Zähnen und Klauen gerade für die sogenannten freiwilligen Leistungen kämpfen müssen.“

Nicht die Aussage selbst ist bemerkenswert, sondern die Tatsache, dass niemand in Verwaltung und Politik die „freiwilligen Leistungen“ wirklich kennt und sie erst recht nicht in EURO quantifizieren kann. Wofür soll also „mit „Zähnen und Klauen“ gekämpft werden?

Über die Notwendigkeit, Verwaltungsstrukturen überprüfen zu müssen, gibt es kaum zwei Meinungen. Ob dabei arbeitsplatzbezogene „Aufgabenkritik“ das probate Mittel ist, darf in Zweifel gezogen werden. Vielmehr gilt es „Verwaltungsprozesse“ kritisch zu hinterfragen, beginnend damit, ob Prozesse in Gänze überhaupt noch erforderlich sind.

Dass die CDU seit Jahrzehnten eine hohe Affinität zum Bauen hat, ist bekannt.

So ist es nicht verwunderlich, dass H.P. Schlegelmilch erneut einen zentralen Verwaltungsstandort und damit Aufgabe von dezentralen (bürgernahen?) Gebäuden in die Diskussion hineinträgt: „…eine zentrale Heimat aller zentralen Verwaltungsstrukturen wichtig, anstelle der ungünstigen und dezentralen Unterbringung an unterschiedlichen und unmöglichen Ecken unserer Stadt.“

So wird es auch niemanden verwundern, wenn in nicht allzu ferner Zukunft das über 35 Mio. EURO teure CDU-Vorhaben aus dem Jahr 2009, „freudige Urständ“ feiern würde.

Themenreihe: Rathausneubau Rheydt

Natürlich könnte auch das gerade durch die Stadt (über die EWMG) für ca. 10 Mio. EURO erworbene Aurelis-Areal „City-Ost“ im CDU-Fokus stehen. Glaubt man doch, dort „hochwertige“ Bürobauten schaffen zu können, wofür Aurelis nach wie vor in Mönchengladbach keinen Markt sieht.

Sollte es wirklich zu einem zentralen Verwaltungsstandort kommen, gibt es sicherlich „stadtbekannte“ Interessenten für die dann frei werdenden Grundstücke, nicht selten in „Filet“-Lagen.

Auch wenn Schlegelmilch im Laufe der Ratssitzung am 17.12.2014 in anderem Zusammenhang offensichtliche Überlegungen zur Konzentration von EWMG, WFMG und MGMG „unter einem Dach“ nicht wahrhaben wollte, lassen sich gewisse Parallelen nur schwer von der Hand weisen.

Quo Vadis EWMG, WFMG, MGMG? • Teil IV: Unverhofft kommt oft • Neue „Dach-Initiative“ in Sicht • Alter Wein in neuen (GroKo-)Schläuchen?

Mit „Folgen Sie uns!“ hatte Dr. Schlegelmilch seine Haushaltsrede geschlossen. An die SPD dürfte diese Aufforderung nicht gerichtet gewesen sein.
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Sie folgt schon jetzt, wie auch die Rede ihres Fraktionsvorsitzenden Felix Heinrichs erahnen ließ.

So betonte Heinrichs mehrfach die gute Zusammenarbeit innerhalb der GroKo; Schlegelmilch hatte sich in seiner Rede diesbezüglich nicht geäußert.

Nach etwa 6 Monaten von einer erfolgreichen „Bilanz“ zu sprechen, wie Felix Heinrichs dies in seiner Rede tat, war schon bemerkenswert.

Ist eine Bilanz doch im übertragenen Sinne der Vergleich von Gewolltem mit Erreichtem.

Gewollt hatte die GroKo einiges, erreicht aber noch nichts. Oder Gewolltes nicht erreicht!

Anders als Schlegelmilch lobte Heinrichs die Landesregierung Kraft, die der Stadt u.a. 620.000 Euro für die Finanzierung der Schulsozialarbeit und 1,3 Mio. für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zur Verfügung stelle.

„Wir müssen die Ausgaben senken, weil wir nicht unbegrenzt Einnahmen steigern können,“ meinte Heinrichs und gab damit der IHK ausdrücklich recht.

Man nehme 791.000 Euro in die Hand, um ein neues Mobilitätskonzept zu erarbeiten, das endlich mit dem Makel der „autofreundlichen Stadt“ aufräume.

Darin enthalten sei der neue Nahverkehrsplan, der in Auftrag gegeben sei, „um den Nahverkehr auf neue Füße zu stellen und attraktiver zu machen.“

Gemeinsam mit den Menschen der Stadt wolle man über den Nahverkehrsplan diskutieren und gemeinsam mit „unserer NEW“ den Grundstein für eine Direktvergabe des Busverkehrs über 2019 hinaus legen.

Dass Heinrichs über eine „Direktvergabe des Busverkehrs“ an die NEW sprach, dürfte nicht wenige seiner Zuhörer überrascht haben, weil bekanntermaßen die auf mehrere Jahre angelegten Verträge unter bestimmten Bedingungen, ja sogar einzelne Linien europaweit ausgeschrieben werden müssen und nicht direkt vergeben werden dürfen.

Krankheitsbedingt konnte Fraktionssprecher Karl Sasserath die Haushaltsrede von B90/Die Grünen nicht selbst halten. Diese Aufgabe übernahm Dr. Boris Wolkowski.

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Nachvollziehbarerweise brachte er eigene Facetten in seine Ausführungen ein, ohne wesentlich von den Kernaussagen der von Sasserath geplanten Haushaltsrede abzuweichen.

Obwohl die Grünen „nach reiflicher Abwägung“ den Haushalt für das Jahr 2015 ablehnten, bleibe ihr erklärtes Ziel, bis zum Jahr 2021 zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen.

„Deswegen halten wir uneingeschränkt am Haushaltssanierungsplan fest“, erklärte Wolkowski.

Die Ablehnung basiere insbesondere aufgrund ihrer Kritik am Stellenplan, der nach wie vor zu erkennenden Autovorrangpolitik mit teuren Straßenbaumaßnahmen und den Ergänzungen durch Anträge der Mehrheitsfraktionen.

Neben der Kritik an der „Autovorrangpolitik“ der GroKo legte Wolkowski in seiner Haushaltsrede einen weiteren Schwerpunkt auf das Thema „Inklusion“ und Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, insbesondere mit Blick auf alte und behinderte Menschen.

„Anstatt weiter Millionenbeträge für den Straßenbau zu veranschlagen, sollten Sie, meine Damen und Herren von der GroKo, sich vermehrt diesem wichtigen Zukunftsthema widmen“, erklärte Boris Wolkowski.

Darüber hinaus mahnte er, dass bei sehr großen Mehrheiten schnell die Gefahr bestünde, dass „die beiden großen Fraktionen“ der Meinung sind, sie dürften alles machen, weil sie alles machen könnten.

Macht sei aber zunächst Verantwortung.

Man sehe die Gefahr, dass die Mehrheitsfraktionen der Arroganz der Macht verfallen und nicht immer verantwortlich handeln.

Taktisch clever hatte die 3-köpfige FDP-Ratsfraktion vor Beginn der Haushaltsberatungen der GroKo-Partner ihre Kernanliegen für den Haushalt 2015 in Anträge formuliert und diese auch entsprechend kommuniziert.
[audio:14-12-17-fdp.mp3][nachgesprochen • ca. 9 Min]

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Diese hatten sich im wesentlichen bezogen auf die Sanierung von „Haus Erholung“, die Sanierung der Brücke „Ritterstraße“ und die Aufnahme einer Haushaltsposition „Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung“.

Da die GroKo anschließend diese Themen ebenfalls auf ihre Agenda stellte, war es für die FDP ein Leichtes, ihre Anträge zurückzuziehen und dem Haushalt 2015 zuzustimmen.

Dennoch gab es für die FDP-Fraktionsvorsitzende Nicole Finger einige Kritikpunkte in Richtung GroKo.

So würden 200.000 € für einen Wiederaufbau des Stadtkassenportals bereitgestellt, von dem heute noch niemand wisse, ob und schon gar nicht wo und wie sich das Ganze einigermaßen sinnvoll durchführen ließe.

Finger verwies auf eine Äußerung von Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners (CDU) während des Kommunalwahlkampfes bei der „mittelständischen Wirtschaft“, in der er erklärt hatte: „Wenn wir jetzt noch sparen wollen, müssen wir uns die Sozialetats genauer anschauen. Ich würde mich da rantrauen“.

„2015 wird es nun Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen,“ erklärte Finger und ergänzte, dass es nicht darum gehe, welche Leistungen noch eingespart werden könnten, sondern, sich anzusehen, ob bei der Vergabe der zahlreichen Leistungsverträge die richtigen Standards gesetzt würden.

Wie zuvor auch schon Dr. Schlegelmilch (CDU) in seiner Rede, betonte auch Finger die Bedeutung von „Demografiemanagement“, ohne (wie zuvor auch Schlegelmilch) deutlich zu machen, ob sie dieses „Management“ im Kontext zur Bevölkerungsentwicklung oder zur Mitarbeiterstruktur in der Verwaltung sieht.

Insgesamt wurde durch Fingers kurze Rede ihre Nähe zur CDU deutlich.

In Anlehnung an die Äußerung der CDU-Bundesvorsitzenden Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag am 08./09.12.2014 hätte sie durchaus auch die CDU „als unseren natürlichen Kooperationspartner“ bezeichnen können.

Für DIE LINKE zitierte zu Beginn Torben Schultz u.a. aus der Einbringungsrede von Kämmerer Bernd Kuckels (FDP): „Haushaltsausgleich 2018 ist aus eigener Kraft nicht mehr möglich“.
[audio:14-12-17-linke.mp3][nachgesprochen • ca. 11 Min]

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Finanzpolitiker verschiedenster Parteien und in verschiedensten Mehrheitskonstellationen hätten gekürzt, gestrichen und weggenommen … also den Haushalt verschieden „ausgeschmückt“ … und nach einem Jahrzehnt bestehe die gleiche unschöne Situation wie zuvor, erklörte Torben Schultz.

Die Kommunen seien weiterhin strukturell unterfinanziert, mitschuldig seien Bund und Land.

Schultz monierte erneut, dass das Konnexitätsprinzip – wer etwas bestelle, müsse auch bezahlen – verletzt werde.

Er erklärte außerdem, im Rat auch Gemeinsamkeiten erkannt zu haben und zählte in diesem Zusammenhang einige Vorschläge der GroKo, der FDP und der Grünen auf.

Wie schon bei anderen Gelegenheiten vorher forderte er „die teuren Fremdvergaben zu reduzieren“.

So wurden häufig Fragen des Vertreters von DIE LINKE im Vergabeausschuss, ob Aufgaben nicht kostengünstiger durch die Stadt selber erledigt werden könnten, immer gleich beantwortet: „Im Grunde ja, aber dafür fehlt uns das Personal.“

Schultz dazu: „Mehr Personal kann auch zu Einsparungen führen!“

Abschließend lehnte er im Namen von DIE LINKE wie in den Vorjahren auch den Haushalt 2015 ab, weil die Finanzsituation der Stadt durch falsche Politik in Bund, Land und Kommune verursacht worden sei.

 

 

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