Dichtheitsprüfung privater Abwasserkanäle in MG: Vom NRW-weiten Trauma zur praktischen Lösung in Mönchengladbach • Ein langer, aber interessanter Weg zum heutigen Ratsbeschluss [mit „Print-Version“]
Klaus Lau [ the_time('d.m.Y'); ?> - the_time('H:i'); ?> Uhr]
Bekanntermaßen gelten nach wie vor NRW-weit die landesrechtlich vorgeschriebenen Prüffristen für private Abwasserleitungen, zuletzt nur noch in Wasserschutzgebieten (WSG):
- Baujahr vor dem 01.01.1965 bis spätestens 31.12.2015
- Baujahr nach dem 01.01.1965 bis spätestens 31.12.2020
Die Prüfpflicht gilt für erd- oder unzugänglich verlegte Schmutzwasser- oder Mischwasserkanäle – nicht für reine Regenwasserabführungen.
Der Rat der Stadt Mönchengladbach hat in seiner heutigen Sitzung (20.11.2014) im 47. Nachtrag zur Entwässerungssatzung beschlossen, den von der Landesregierung nach langem Gerangel mit den ca. 90 Bürgerinitiativen jeder Kommune eingeräumten Spielraum der „Kann-Bestimmung“ zur Vorlageverpflichtung von Prüfbescheinigungen zu nutzen.
47. Nachtrag zur Entwässerungssatzung der Stadt Mönchengladbach
Per legitimierter Satzungsfreiheit lässt sich die Stadt bei privaten Abwasserkanälen in Wasserschutzgebieten nur noch bei (Kanal-)Neubauten und nach wesentlichen Änderungen am Kanalsystem Prüfbescheinigungen zur Überprüfung vorlegen, die danach als Grundlage der behördlichen Abnahme dienen sollen.
Die Prüfbescheinigungen sind innerhalb von 2 Monaten nach der Prüfung verpflichtend vorzulegen (§ 8 Abs. 3 a im Art. 1 der 47. Ergänzungssatzung).
Das liegt allein schon für Gewährleistungszwecke auch im ureigenen Interesse der ausführenden Handwerker und Mönchengladbacher Hausbesitzer.
Als Neubauten gelten danach Abwasserleitungen, die nach dem Inkrafttreten (09.11.2013) der Selbstüberwachungsverordnung (SüwVO) errichtet wurden.
Für industrielle und gewerbliche Abwasser ist die Prüfpflicht je nach Abwasserart entweder im gesamten Stadtgebiet gegeben oder auf WSG beschränkt, dies mit baujahrorientierten Fristen zwischen dem 29.02.2016 und dem 28.02.2021.
Weitere Einzelheiten, u.a. zur Definition von „wesentlichen Änderungen“ an den Abwasserleitungen sind der Beratungsvorlage der Verwaltung 271/IX vom 08.10.2014 zu entnehmen:
Beratungsvorlage 271/IX vom 28.10.2014
Die ursprüngliche Entwässerungssatzung der Stadt Mönchengladbach vom 25.04.1984 ist hier nachzulesen:
Entwässerungssatzung der Stadt Mönchengladbach (Stand: 25.04.1984)
Für den Großteil der im Mönchengladbacher Stadtgebiet bestehenden privaten Abwasserleitungen innerhalb von Wasserschutzgebieten, die zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen, bleibt die gesetzliche Überwachungspflicht zwar bestehen, deren Erfüllung soll aber durch eine vom Landtag erlaubte Satzungsregelung nur in einschränkend definierten Fällen wie (Kanal-)Neubauten und wesentlichen (Kanal-)Änderungen durch satzungsmäßig geregelte Vorlageverpflichtung der Prüfbescheinigungen überwacht werden.
Es steht natürlich auch den Grundstückseigentümern anderer Belegenheitsgebiete Mönchengladbachs frei, nach Durchführung einer Zustands- und Funktionsprüfung Bescheinigungen auf freiwilliger Basis jederzeit bei der NEW AG – Abteilung Grundstücksentwässerung, oder dem städtischen Fachbereich Umweltschutz und Entsorgung, zur Prüfung vorzulegen.
Den gelegentlichen Überlastungen der privaten und öffentlichen Kanäle durch die auch in Mönchengladbach immer weiter zunehmenden Starkregenereignisse könnte im Übrigen wirksam begegnet werden, wenn der ungezügelt weiter zunehmenden Versiegelung öffentlicher und privater Flächen mit Regenwasserabführung in die Kanalisation bereits per Satzungsregelung weitestmöglich Einhalt geboten würde.
Die bisherige Beschränkung auf eine mögliche Erlaubnis für Einzelfälle zur Versickerung, Verrieselung oder Verregnung von Niederschlagswasser (§ 3 Abs. 6 der Abwassersatzung vom 25. April 1984) reicht da bei Weitem nicht aus, so dass satzungsmäßig weiterer Handlungsbedarf besteht.
Den mittlerweile sommertags regelmäßig zu erwartenden Kellerüberflutungen könnte nämlich auch dadurch vorbeugend begegnet werden, wenn insbesondere in den äußeren Siedlungsbereichen die oft vorhandenen kiesigen und sandigen Untergründe dadurch genutzt werden, dass an zahlreich geeigneten Stellen nach senkrechter Erdbohrung ein baumarktübliches KG-Rohr in diese 2 bis 5 Meter tiefen durchlässigen Schichten eingelassen wird, durch das das Niederschlagswasser mittels der natürlichen Drainagewirkung von Sand und Kies direkt in die weitläufigen Tiefen versickern kann.
Das ist zwar körperlich anstrengend aber technisch leicht mit einem handelsüblichen Erdbohrer und einem KG-Rohr unter Kostenaufwand zwischen 25 und 100 € zu bewerkstelligen.
Die nach direkter Grundwasserzuführung des Regenwassers fällige Senkung der Abwassergebühren würde zwar vordergründig die Wirtschaftlichkeit des Klärwerks mindern.
Dadurch könnten aber sicherlich einige Kellerüberflutungen verhindert und je nach örtlicher Gegebenheit und Anzahl der Hauseigentümer mit Niederschlagswasserversickerung zusätzlich noch sündhaft teure öffentliche Kanalerweiterungen bzw. Neubauten von Trennsystemen eingespart werden.
Als zusätzliches „Geschenk des Himmels“ würde so auf natürlichem Weg auch der ständig zunehmenden Absenkung des natürlichen Grundwasserspiegels im Süden der Stadt entgegengewirkt, die durch den sich weiter ausbreitenden Braunkohleabbau immer weiter fortschreitet (siehe z. B. auch Braunkohleberichte 2007 ff. der Stadt Mönchengladbach)
Mein persönliches Fazit:
Aufstehen lohnt sich dann, wenn man die sachlich objektiv besseren Argumente hat. Die zu besorgen, ist oft mühsam, aber immer interessant.
Ich hatte vor etwa 5 Jahren nach meiner ersten Empörung über das ökosozial vollkommen sinnfreie Konjunkturförderprogramm der NRW-Landesregierung zunächst lediglich ergebnisarme Kontakte zu Stadtverwaltung und Landesregierung.
In der naiven Annahme, dass die NRW-Landesregierung sich angesichts der stets und ständig ab Bundesministerium hochgelobten Trinkwasserwerte und nahezu vollständiger Abwasserbeseitigung und –verarbeitung bei der Gesetzgebung geirrt haben müsse, hatte ich im Landtag am 07.06.2011 einen Petitionsbeschluss (15-P-2011-02678-00) erwirkt.
Darin wurde die Landesregierung um wissenschaftlich belastbare Äußerungen über die tatsächlichen Gefahren, die von Leckagen aus Hausanschlüssen entstehen können, gebeten, da nur der Nachweis objektiver Gefahren durch defekte Leitungen Grundvoraussetzung für die Einsicht der Hauseigentümer sei, entsprechend hohe Mittel bereit zu stellen.
Der geforderte objektiv wissenschaftlich nachprüfbare Nachweis ist bis heute nicht erbracht worden.
Nachdem die NRW-Landesregierung aufgrund der NRW-weit zunehmenden Proteste eingeknickt war, hatte sie in einer „Kann-Bestimmung“ den „Schwarzen Peter“ des ausgewiesen erheblichen verfassungsrechtlichen Prozessrisikos (z. B. grundgesetzlich normiertes Verhältnismäßigkeitsprinzip/Übermaßverbot, Gleichheitsgrundsatz) an die einzelnen Kommunen „weitergereicht“.
Diese durften nun unter Abwägung zwischen örtlicher Lobbystärke und unwiderlegbaren Argumenten (hier in MG: Grundwasserabsenkung durch Braunkohleförderung, sehr gute Trinkwasserqualität trotz Friedhofsbelastungen und landwirtschaftlicher Ausbringungen, was die jahrzehntelang wirksame hervorragende Filtereigenschaft unserer oft sandigen und kiesigen Böden beweist) eigenverantwortlich selbst entscheiden, ob und wenn ja, in welchem Rahmen sie die tatsächliche Durchführung der Prüfverpflichtung überwacht und Testate prüft.
Noch im Dezember 2013 wollte unsere Stadtverwaltung in einer 1. Vorlage an den Rat auf einer flächendeckenden Überwachung der Vorlage von Prüfbescheinigungen in WSG bestehen.
Nach Ablehnung durch den Planungs- und Bauausschuss hat die Verwaltung angesichts der überzeugenden Argumentation des für Mönchengladbach besonders ausgewiesenen juristischen Risikos entschlossen, doch nicht der personalintensiven „Kontrollitis“ zu verfallen.
Die nicht unerheblichen Personalkapazitäten für die zunächst geplante lückenlose Überwachung können nun ganz im Sinne der Mönchengladbacher GroKo anderweitig effizient eingesetzt werden.
Jeder Widerstand gegen offensichtlich sinnfreie gesetzgeberische Maßnahmen, allein mit Pappschildern und Transparenten, ist aus der Zeit.
Tageszeitungen ignorieren oder berichten meist einseitig interessenorientiert. Fernsehbeiträge wurden oft sinnfern zusammengeschnitten.
Im Gegensatz dazu waren hier in Mönchengladbach die Bürgerzeitung Mönchengladbach www.bz-mg.de, das Niers-Magazin www.niers-magazin.de und der Stadtspiegel (dort) hg.woestemeyer@stsp-lokal umgehend bereit, über das Engagement der Interessengemeinschaft „IG-MG – Dichtheitsprüfung Nein Danke“ [E-Mail: Dichtheitsprüfung-MG@ich-will-net.de] gegen den ökosozial unsäglichen Unfug zu berichten.
Auch die hiesige FDP hat durch Kontakte mit dem Fraktionsgeschäftsführer Hans Joachim Stockschläger manch unterstützende Hilfestellung geleistet.
Sogar der Aufsichtsratsvorsitzende der NEW und damalige SPD-Fraktions- und Meinungsführer der „Ampel“, Lothar Beine, hatte mehrfach Verständnis für mein Engagement geäußert, ohne aber an einen tatsächlichen Erfolg im Landtag zu glauben.
Flächendeckend hat allein das Internet die Möglichkeit eröffnet, jedes einzelne Parlaments- und Stadtratsmitglied regelmäßig mit sehr guten Argumenten zu versorgen.
Das hat auch schon mal im Einzelfall unsere Volksvertreter bis zur brüsken Abbestellung des E-Mailservices genervt – aber gewirkt hat es am Ende doch.
Der letztlich entscheidende Vorteil bei dieser, auch digital geführten Auseinandersetzung, war der erst durch das Internet mögliche Aufbau von inzwischen ca. 90 NRW-Bürgerinitiativen und die oft auch kontrovers geführte Kommunikation untereinander
Auflistung der Initiativen unter www.alles-dicht-in-nrw.de
Da hatten sich auch schon mal Lobbyvertreter offen (oder als Sprecher einer Bürgerinitiative getarnt) eingeschlichen, die aber letztlich auch für Mönchengladbach keine nachhaltigen Schäden anrichten konnten.
Auch konnten allein durch dieses Medium sehr viele interessierte Mönchengladbacher Hausbesitzer stets auf dem Laufenden gehalten werden, was denn auch in so manchem Fall wirtschaftlichen Schaden ohne ökologischen Gegenwert zu verhindern half.
Ich war irgendwann gezwungen, mein mit 2.000 – 3.000 Stunden ziemlich zeitaufwändiges Engagement in Sachen Dichtheitsprüfung als vorbeugend soziales Engagement für „Oma Schmitz & Co.“ zu verstehen.
Sonst wäre mir bei all den unglaublich hartnäckigen Widerständen vermeintlich bürgerfreundlich ausgerichteter Institutionen (z. B. Bund der Steuerzahler, Verbraucherberatung, Haus & Grund etc.) im Laufe der Zeit die zwingend erforderliche Motivation für ein solch, anfangs von vielen Seiten als aussichtslos eingestuftes Unterfangen, abhanden gekommen.
So sehr es sich auch am Ende für die meisten privaten Immobilienbesitzer Mönchengladbachs und großer Teile von NRW gelohnt hat, so sehr bin ich doch jetzt heilfroh, als politisch zwar interessierter, aber letztlich nicht parteipolitisch engagierter Mensch, mich wieder meinen zahlreichen anderen Interessen zuwenden zu können – darunter dem (seriösen) Naturschutz.
Klaus Lau
Dipl.-Finanzwirt
Beiratsmitglied beim DND e. V.
Dachverband
Am Vogelsbusch 16
59321 Wadersloh
VR 5130, AG Münster